Buchara - Bolo Havuz Komplex
Der Bolo Havuz Komplex in Buchara: Ein historisches Juwel Zentralasiens
Die großen Städte des Orients hatten eine markante Gemeinsamkeit: die zwingende Existenz eines Registan. Dieser zentrale Stadtplatz war das Herzstück des öffentlichen Lebens, umgeben von bedeutenden Bauwerken wie Moscheen, Palästen, Minaretten, Krankenhäusern, Handelskammern und der Staatskanzlei. Er diente nicht nur als religiöses und politisches Zentrum, sondern auch als wirtschaftlicher und sozialer Treffpunkt.
Auch Buchara, eine der bedeutendsten Städte Zentralasiens, besaß einen eigenen Registan, der sich gegenüber der imposanten Festung Ark befand. Leider sind die meisten Bauwerke dieses Platzes nicht erhalten geblieben. Die einzige bis heute existierende Struktur ist der Bolo-Havuz-Komplex, der Anfang des 17. Jahrhunderts im Auftrag des Emirs Shakhmurad errichtet wurde. Dieser Herrscher wollte der Bevölkerung demonstrieren, dass er ein bescheidener und volksnaher Führer war. Daher ließ er eine öffentliche Moschee auf dem Registan errichten, die er persönlich jeden Freitag zum Gebet besuchte.
Der Name “Bolo-Havuz” lässt sich ins Deutsche als “Kinderbecken” übersetzen. Dies liegt daran, dass der Komplex ursprünglich als Wasserquelle genutzt wurde. Zentralasien litt traditionell unter Wasserknappheit, weshalb es notwendig war, künstliche Reservoirs (Havuze) anzulegen, um die Bevölkerung mit Trinkwasser zu versorgen. Wasserträger holten das Wasser aus diesen Reservoirs und verteilten es gegen eine Gebühr auf dem Basar, in Krankenhäusern und in Wohngebieten.
Diese Praxis der Wasserversorgung setzte sich in Buchara bis zur Machtübernahme durch die Sowjetunion fort. Um Massenerkrankungen durch stagnierendes Wasser zu verhindern, untersagte die neue Regierung die Nutzung des Reservoirs. Dennoch hielten viele Bewohner aus Tradition an der alten Wasserquelle fest, sodass das Becken schließlich trockengelegt werden musste.
Die Bolo-Havuz-Moschee ist bis heute erhalten geblieben und dient weiterhin als Gebetsstätte für Gläubige. Ihr beeindruckendes und prachtvolles Erscheinungsbild zeugt noch immer von der einstigen Macht und dem Reichtum des Emirs. Besonders auffällig sind die zwanzig kunstvoll geschnitzten Holzsäulen, die das Dach der Moschee tragen. Aufgrund ihrer Spiegelung im Wasserreservoir erhielt die Moschee den Beinamen “Moschee der vierzig Säulen”, da ihre Reflexion eine doppelte Anzahl von Säulen suggerierte.
Unweit der Moschee befindet sich ein elegantes Minarett, das etwas später erbaut wurde. Seine raffinierte Architektur vereint den Prunk und die monumentale Bauweise Zentralasiens. Lange Zeit war das Minarett leicht geneigt, was ihm Vergleiche mit dem schiefen Turm von Pisa einbrachte. Doch nach einer umfassenden Restaurierung wurde die Struktur stabilisiert und in eine aufrechte Position gebracht.
Heute ist der Bolo-Havuz-Komplex eine der bekanntesten Sehenswürdigkeiten Bucharas. Er zieht Besucher aus aller Welt an, die seine prachtvolle Architektur und seine historische Bedeutung bewundern. Der Ort zeugt von der einstigen kulturellen und politischen Blütezeit Bucharas und bleibt ein wertvolles Erbe Zentralasiens.