Chiwa - Dishan Kala
Dishan-Kala von Chiwa – Die äußere Festung
Dishan-Kala, was übersetzt “äußere Stadt” oder “äußere Festung” bedeutet, stellt eine bedeutende Erweiterung der historischen Stadt Chiwa dar. Diese Befestigungsanlage wurde zwischen 1842 und 1889 errichtet, um die Stadt vor den häufigen Angriffen der Turkmenen zu schützen. Sie umfasst eine beeindruckende Mauerlänge von etwa sechs Kilometern und umschließt das Gebiet außerhalb der inneren Festung Ichan-Kala.
Die Entstehung von Dishan-Kala ist eng mit der zwangsweisen Umsiedlung von 20.000 Bewohnern aus Chorasan verbunden, die nach Choresm und insbesondere nach Chiwa gebracht wurden. Angesichts der wachsenden Bevölkerung und der zunehmenden Bedrohung durch feindliche Angriffe wurde die Notwendigkeit einer erweiterten Verteidigungsanlage offensichtlich. So begann unter Alla-Kuli-Khan die Errichtung der gewaltigen Mauern, die nicht nur Schutz boten, sondern auch den Herrschaftsbereich des Khans festigten.
Architektonische Merkmale und Bauweise
Die Befestigungsmauern von Dishan-Kala wurden nach traditionellen Bauweisen errichtet. Jeder Haushalt des Khanats musste einen Arbeiter stellen, der 12 bis 30 Tage pro Jahr unentgeltlich auf der Baustelle arbeitete. Einer Legende zufolge wurden die Mauern in nur sechs Wochen fertiggestellt – eine Leistung, die durch den massiven Einsatz der gesamten Bevölkerung ermöglicht wurde. Tatsächlich dauerte die Errichtung jedoch mehrere Jahre, und es wird berichtet, dass Bauern aus verschiedenen Regionen, darunter Mangit, Schawat, Chiwa, Chasarasp und Urgench, zwangsverpflichtet wurden, um das Bauvorhaben zu realisieren.
Die Mauern von Dishan-Kala waren mit zehn monumentalen Toren versehen, die jeweils nach ihrer geografischen Lage oder nach benachbarten Dörfern benannt wurden:
- Hazarasp-Tor – im Osten, benannt nach der Hazarasp-Straße.
- Pishkanik-Tor – im Osten, benannt nach dem Dorf Pishkanik.
- Bagishamol-Tor – im Süden, benannt nach einem großen Landgarten von Alla-Kuli-Khan (früher bekannt als Angarik-Tor).
- Sheikhlar-Tor – im Süden, benannt nach einem Dorf, das dem Waqf von Pahlavan-Mahmud Gumbez gehörte.
- Tazabagh-Tor – im Süden, benannt nach dem Landgarten von Muhammad-Rakhimkhan II (früher als Sirchali-Tor bekannt).
- Shahi-Mardan-Tor – im Westen, benannt nach einer nahegelegenen Siedlung.
- Dash-Ayak-Tor – im Norden, benannt nach einem gleichnamigen Dorf.
- Kosh-Darvoza-Tor – im Norden, entlang der Straße nach Urgench, benannt nach seinen zwei (kosh) bogenförmigen Toren.
- Gadaylar-Tor – im Norden, benannt nach dem Gadaylar-Viertel („Bettler“-Viertel).
- Gindum-Kan-Tor – im Norden, benannt nach einem angrenzenden Dorf.
Die Bedeutung von Dishan-Kala
Dishan-Kala war mehr als nur eine Verteidigungsanlage; sie bildete eine eigenständige Vorstadt mit einer Vielzahl von Basaren, Handwerksbetrieben und Wohnsiedlungen. Hier lebten vor allem Handwerker, Tagelöhner und Kaufleute, während sich innerhalb der inneren Festung Ichan-Kala die Paläste des Adels und die religiösen Zentren befanden. Durch ein ausgeklügeltes System von Bewässerungskanälen (Aryks) konnten die Bewohner von Dishan-Kala eigene Gärten und Obsthaine anlegen, was zu einem deutlichen Unterschied in der Stadtstruktur gegenüber Ichan-Kala führte.
Einer der berüchtigsten Orte in Dishan-Kala war der Sklavenmarkt, der unter der Herrschaft von Alla-Kuli-Khan florierte. Im 19. Jahrhundert war Chiwa eines der zentralen Handelszentren für den Sklavenhandel in Zentralasien. Insbesondere persische und kaukasische Gefangene wurden hier verkauft, bis die russische Eroberung von Chiwa im Jahr 1873 diesem unmenschlichen Gewerbe ein Ende setzte.
Heutige Bedeutung und Erhaltung
Obwohl die Mauern von Dishan-Kala im Laufe der Jahrhunderte teilweise zerstört wurden, sind noch immer bedeutende Abschnitte erhalten. Diese Relikte erinnern an die historische Bedeutung von Chiwa als strategisches und wirtschaftliches Zentrum Zentralasiens. Heute ist Dishan-Kala ein integraler Bestandteil der Stadt und bewahrt seinen einzigartigen historischen Charakter. Die noch erhaltenen Mauerabschnitte und Tore stehen als Zeugnis der militärischen und architektonischen Meisterleistung des 19. Jahrhunderts und sind fester Bestandteil des kulturellen Erbes von Usbekistan.