Buchara - Labi Havuz Ensemble
Das Labi Havuz Ensemble in Buchara: Ein Meisterwerk der zentralasiatischen Baukunst
Das Labi Havuz Ensemble in Buchara, errichtet im 17. Jahrhundert, ist eines der beeindruckendsten Beispiele zentralasiatischer Architektur. Drei Bauwerke – die Kukaldasch-Madrassa (1568–1569), die Chanaqa Nadir Divanbegi (1622) und die Nadir-Divanbegi-Madrassa – formen zusammen diesen einzigartigen Komplex, dessen Herzstück das Labi Havuz, ein großes Wasserbecken, bildet. Dieses architektonische Juwel spiegelt nicht nur die handwerkliche Meisterschaft der damaligen Zeit wider, sondern auch die soziale und kulturelle Bedeutung solcher Ensembles in der Region.
Die Kukaldasch-Madrassa: Ein Monument des Wissens und der Spiritualität
Der älteste Teil des Ensembles ist die Kukaldasch-Madrassa, die mit ihren 160 Zellen als die größte ihrer Art in Buchara gilt. Ihre Architektur vermittelt einen Eindruck von Enge und Überfüllung, geprägt durch schmale Gänge, steile Treppen und verwinkelte Passagen. Doch trotz dieser pragmatischen Raumgestaltung offenbart die Madrassa bemerkenswerte architektonische Details: Die massiven Kuppeldecken in den Gängen, die zu den Toren führen, zeugen von solider Baukunst, während die Hauptsäle der Moschee und der Darskhana (Lehrhalle) kunstvoll dekoriert sind. Besonders eindrucksvoll sind die geschnitzten Holztüren, deren komplexe Sternenmuster die Virtuosität der damaligen Holzschnitzer offenbaren.
Das Wassersammelbecken: Zentrum des Lebens und der Erfrischung
Das Ensemble erhielt seine endgültige Gestalt mit der Errichtung des großen Havuz, dem Wasserbecken, das dem Komplex seinen Namen verlieh. Die Ufer des Beckens wurden mit mächtigen Steinblöcken befestigt, an deren Leisten die sogenannten Meschkaben – Wasserträger, deren Dienste von der Bevölkerung genutzt wurden – zum Wasserholen hinabstiegen. Das Wasser des Havuz diente nicht nur der Trinkwasserversorgung, sondern auch der Bewässerung der Straßen sowie dem Baubedarf. Bis heute verleihen malerische, jahrhundertealte Bäume, die das Becken säumen, der Anlage eine besondere Atmosphäre der Ruhe und Kühle.
Die Nadir-Divanbegi-Madrassa: Eleganz und Symbolik
Kurz nach der Fertigstellung des Wasserbeckens wurde die Nadir-Divanbegi-Madrassa errichtet. Die harmonischen Proportionen ihrer Fassade sowie die kunstvollen Darstellungen von Damhirschen und fantastischen Vögeln in den Bögen lassen die Schönheit und Symbolkraft zentralasiatischer Architektur lebendig werden. Der Hofbereich der Madrassa diente einst als Ort der Ruhe und des Studiums und spiegelt die Eleganz und Harmonie wider, die in der Baukunst jener Epoche angestrebt wurden.
Besonders bemerkenswert am Labi Havuz Ensemble ist die gelungene Integration des großen Wasserspiegels in den monumentalen Baukomplex. Anstelle eines traditionellen Platzes fungiert das Wasserbecken als zentrales Element, das die verschiedenen Bauwerke miteinander verbindet. Diese architektonische Lösung war nicht nur ästhetisch innovativ, sondern bot in den heißen Sommermonaten Bucharas auch eine angenehme Frischequelle.
Legenden und Mythen: Die Entstehung des Labi Havuz
Das Labi Havuz birgt nicht nur architektonische Schätze, sondern auch Legenden und Mythen. Einer Erzählung zufolge befand sich an der Stelle des heutigen Beckens ursprünglich ein großes Haus, das einer jüdischen Witwe gehörte. Nadir-Divan-Begi, der das Khonaqoh errichten ließ, erkannte den strategischen Wert des Grundstücks für den Bau eines Wasserspeichers. Trotz großzügiger Angebote weigerte sich die Witwe, ihr Anwesen zu verkaufen. Entschlossen, seinen Plan dennoch zu verwirklichen, griff Nadir-Divan-Begi zu einer List: Er ließ das Grundstück durch künstliche Maßnahmen überfluten, sodass die Witwe schließlich gezwungen war, ihr Land aufzugeben. So entstand das Labi Havuz, das heute nicht nur als architektonisches Meisterwerk gilt, sondern auch die bewegte Geschichte und die Mythen Bucharas in sich trägt.
Ein Ort von historischer Tiefe und architektonischer Schönheit
Das Labi Havuz Ensemble in Buchara ist weit mehr als nur eine Ansammlung historischer Bauwerke – es ist ein lebendiges Zeugnis der kulturellen, sozialen und architektonischen Entwicklung Zentralasiens. Die harmonische Verbindung von Wasser, Stein und Ornamentik macht diesen Ort zu einem Symbol der Geschichte Bucharas und zu einem Anziehungspunkt für Besucher aus aller Welt. Noch heute spiegelt sich in den ruhigen Wassern des Havuz die Vergangenheit wider, während die alten Bäume Schatten spenden und Geschichten aus einer fernen Zeit zu flüstern scheinen.