Shahrisabz - Mausoleum Gumbazi Sayidon
Das Gumbazi Sayidon-Mausoleum in Shahrisabz – Ein Meisterwerk timuridischer Baukunst
An der Südseite des Mausoleums von Schamsiddin Kulol in Shahrisabz befindet sich ein weiteres bedeutendes Bauwerk: das Gumbazi Sayidon-Mausoleum. Dieses prachtvolle Mausoleum, dessen Name “Die Kuppel der Sayiden” bedeutet, wurde vermutlich als Ruhestätte für Nachkommen Ulugbeks errichtet und gehört zum bedeutenden Dorut-Tilovat-Ensemble. Unmittelbar südlich des Mausoleums von Schamsiddin Kulol ließ Mirzo Ulugbek dieses imposante Kuppel-Mausoleum errichten, das als Begräbnisstätte für Mitglieder der Temuriden-Dynastie diente und unter dem Namen “Maqbara von Ulugbek” bekannt ist.
Architektur und Gestaltung
Das Gumbazi Sayidon besticht durch seine ausgewogenen Proportionen und seine meisterhaft gestaltete Eingangstür, die mit tiefen, dreiflächigen Schnitzereien aus floralen und epigraphischen Ornamenten verziert ist. Stilistisch und historisch gehört das gesamte architektonische Ensemble zur Epoche Ulugbeks. Zwei Jahre nach der Errichtung der Kok-Gumbaz-Moschee in Shahrisabz gab Ulugbek den Befehl zum Bau eines weiteren Grabmals an der Südwand des Mausoleums von Schamsiddin Kulol. Dieses Mausoleum vervollständigte das Dorut-Tilovat-Ensemble und unterstreicht die architektonische Meisterschaft der Temuriden-Dynastie.
Das Mausoleum ist ein nahezu quadratischer Bau mit einem kleinen, leicht vorspringenden Portal an der Westseite. Die kunstvoll geschnitzte Holztür ist mit tiefen, dreiflächigen Ornamenten versehen, die sowohl vegetative als auch epigraphische Motive aufweisen. Der untere Bereich der Haupthalle ist mit kunstvollen Tafeln aus blauen, sechseckigen Kacheln verziert. Besonders bemerkenswert sind die Malereien in Rot- und Blautönen, die die Kuppelsegel, bogenförmigen Nischen und Wandflächen schmücken und eine außergewöhnliche künstlerische Meisterschaft widerspiegeln.
Die blaue Kuppel erhebt sich auf einer hohen Trommel, die mit kunstvollen Kufi-Inschriften in Mosaiktechnik verziert ist. Der Ornamentgürtel unter der Kuppel ist mit komplexen geometrischen Mustern gefüllt, die ein sternförmiges Motiv bilden. Die Kuppel selbst ist mit dem hochkomplexen polyedrischen Girikh dekoriert, einer für die timuridische Architektur typischen verschachtelten Ornamentstruktur. Filigrane florale Muster zieren die Bögen, während spiralförmige Ornamente die Wandflächen schmücken. Durch kunstvoll gestaltete Fensteröffnungen in der Trommel dringt diffuses Licht ins Innere und verleiht der Kuppel eine schwebende, fast mystische Erscheinung.
Historische Bedeutung und Inschriften
Auf dem Portal des Mausoleums befindet sich eine eindrucksvolle Inschrift in arabischer Kalligraphie, die die Bedeutung des Bauwerks unterstreicht:
“Der große, ehrenhafte und großzügige Sultan Ulugbek Guragan, Würdenträger der Sultane, Herr und Verteidiger des Volkes und des Glaubens, befahl den Bau des Mausoleums-Makbarat, genannt ‘Awlad al-Mubarak’ (‘Gesegnete Nachkommenschaft’). Möge Allah seine Herrschaft und Macht verewigen, im Monat des Mondes des Jahres 841 Hidschra (1437).”
Lange Zeit herrschte unter Historikern Uneinigkeit über die Identität der dort bestatteten Personen. Während man zunächst annahm, dass Ulugbek das Mausoleum für seine Nachkommen errichtete, gibt es auf keinem der dortigen Grabsteine Hinweise darauf, dass Mitglieder der Temuriden-Dynastie dort begraben wurden. Stattdessen stammen die im Mausoleum befindlichen Marmorgrabsteine aus dem 10. bis 17. Jahrhundert. Vier von ihnen wurden historisch bedeutenden Mitgliedern der Sayid-Familie aus Termez zugeordnet. Die Sayiden spielten insbesondere in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts eine herausragende Rolle bei der Unterstützung Amir Temurs in seinen Kämpfen gegen die mongolischen Khane.
Eine der wichtigsten Persönlichkeiten dieser Familie war Abu al-Mu’ali, dessen Grabstein sich unter den im Gumbazi Sayidon befindlichen Grabmälern befindet. Er war maßgeblich an den militärischen Auseinandersetzungen mit den Mongolen beteiligt und nahm an der Thronbesteigung Temurs teil.
Erweiterungen und Veränderungen im Laufe der Jahrhunderte
Um das Mausoleum herum befinden sich zahlreiche weitere Grabstätten. Die gut erhaltenen Marmorgrabsteine aus dem 15. bis 17. Jahrhundert tragen die Namen prominenter Mitglieder der Sayiden von Termez, was zur späteren Namensgebung der Gedenkstätte als “Gumbazi Sayidon” führte.
Im 17. Jahrhundert wurde an der Ostseite des Mausoleums von Schamsiddin Kulol der Khonaqo Arslan-Khan angebaut, ein bedeutendes Gebäude für spirituelle Zusammenkünfte und Sufi-Praktiken, das jedoch 1954 abgerissen wurde. In der Zwischenzeit wurden die Eingänge zu den Mausoleen neu gestaltet, sodass der Zugang zum Gumbazi Sayidon nun durch den Khonaqo und das Mausoleum des Scheichs erfolgte.
Ein bedeutendes Zeugnis timuridischer Architektur
Dieses Ensemble aus Mausoleen, Medresen und spirituellen Stätten gehört zu den bedeutendsten architektonischen und historischen Zeugnissen der timuridischen Epoche und verdeutlicht die hochentwickelte Kunstfertigkeit sowie das tiefe religiöse und philosophische Denken dieser Zeit. Die kunstvollen Ornamente, kalligraphischen Inschriften und architektonischen Innovationen im Gumbazi Sayidon-Mausoleum sind nicht nur ein herausragendes Beispiel timuridischer Baukunst, sondern auch ein wichtiges Symbol für die spirituelle und kulturelle Blüte der islamischen Welt im 15. Jahrhundert.